Was ist eigentlich Angst?

Angst ist ein natürliches und wichtiges Gefühl. Es leistet einen bedeutenden Beitrag zum Überleben, weil es uns im Verlauf der Evolution sowie im Laufe unserer persönlichen Entwicklung immer wieder auf Gefahren hingewiesen hat und hinweist. Um diese Funktion gewährleisten zu können, reagiert unser Körper unter Angst mit einer vermehrten Anspannung: das Herz schlägt schneller, der Atem geht rascher, der Blutdruck steigt und die Muskeln spannen sich an. Gedanken wie "Das ist gefährlich." oder "Das könnte mir schaden." sind typisch in diesen Situationen. Unruhiges Verhalten und der Drang, aus dieser Situation fliehen zu wollen, schließen sich oft an.

Auch wenn sich die Gefahren im Laufe der Zeit verändert haben, gibt es heute nach wie vor Situationen, in denen Angst eine bedeutsame Funktion besitzt. So ist ein gewisses Maß an Angst sinnvoll, wenn wir unerwartete oder unerklärbare körperliche Symptome wahrnehmen. Ein wiederkehrender plötzlicher Schmerz in der Brustgegend mag Angst auslösen und führt vielleicht dazu, dass wir einen Arzt aufsuchen - in der Hoffnung, schlimmere Folgen zu verhindern. Angst ist also ein ganz normales Gefühl unseres Alltags, das bei jedem Menschen auftritt, genauso wie Zorn, Wut oder Traurigkeit.

Wenn Ängste das Leben bestimmen

Ängste und Sorgen gehören also zu unserem ganz normalen Leben. Allerdings kommt es vor, dass unser Sensor für Gefahren oder Bedrohungen der Umwelt zu empfindlich geworden ist. Dann wittern wir Gefahr in Situationen, in denen gar keine oder nur eine sehr geringe Bedrohung besteht. Wir erleben dann die auftretende Angst ohne irgendeinen Grund der Bedrohung. In diesen Situationen ist Angst dann oftmals keine Hilfe, sondern wird selbst zum Problem der Situation. Wenn diese Ängste so übermäßig stark ausgeprägt sind und uns dadurch in unserem Alltag einschränken, könnte eine Angststörung vorliegen.

Von allen psychischen Störungen kommen Angststörungen mit am häufigsten vor. Statistische Untersuchungen zeigen, dass sich bei etwa jeder fünften Person das sonst normale Gefühl der Angst mindestens während einer Phase in ihrem Leben so stark steigert, dass von einer Angststörung gesprochen werden kann. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer.

Die Angst kann also selbst zur Krankheit werden, wenn sie:

  • unangemessen intensiv und häufig auftritt
  • in Situationen auftritt, die offenbar gar nicht gefährlich sind
  • mit einem Verlust der Kontrolle über Auftreten und Andauern verbunden ist
  • von massiven körperlichen Symptomen begleitet wird
  • Anlass ist, bestimmte ganz alltägliche Situationen zu meiden
  • bedeutsame Beeinträchtigungen im beruflichen oder privaten Bereich mit sich bringt

Die drei Gesichter der Angststörung: Panik - Phobie - Generalisierte Angst

Panik

Bei manchen Menschen kommt es ganz plötzlich, wie aus heiterem Himmel zu starken Angstgefühlen bis hin zur Todesangst. Im Vordergrund stehen bei den Betroffenen vor allem heftige körperliche Reaktionen, die so genannten Panikattacken. Treten diese wiederholt auf, spricht man von einer Panikstörung.

Obwohl die einzelnen Panikattacken oftmals nur Minuten dauern, sind sie für die Betroffenen extrem belastend. Im Vordergrund stehen dabei heftige körperliche Symptome wie Herzklopfen, Brustschmerz, Schwindel und Atemnot. Ihnen folgt die Angst, die Kontrolle zu verlieren, wahnsinnig zu werden oder zu sterben. Vor allem diese auftretende Todesangst führt häufig dazu, dass dringende Einweisungen ins Krankenhaus erfolgen. Die dort unternommene medizinische Abklärung ergibt in der Regel keine bedeutsamen körperlichen Störungen.

Viele Betroffene können keinen Grund für diese Panikattacken erkennen, allerdings können die auftretenden Symptome auch mit ganz bestimmten alltäglichen Situationen verknüpft sein, wie zum Beispiel mit Kaufhäusern, engen geschlossenen Räumen oder öffentlichen Veranstaltungsorten (siehe Agoraphobie).

Wer öfter eine Panikattacke erlitten hat, entwickelt häufig starke Sorgen davor, dass so etwas wieder geschehen könnte. Diese Erwartungsangst, oder die so genannte "Angst vor der Angst" führt zu einer Erhöhung der körperlichen und psychischen Anspannung und lässt damit weitere Attacken noch wahrscheinlicher auftreten.

Phobie

Ängste, die sich auf bestimmte Gegenstände oder Situationen beziehen, werden als Phobien bezeichnet.

Man spricht zum Beispiel von einer Schlangen-, Spinnen-, Hunde-, oder Höhenphobie, je nachdem welches spezifische Objekt die Angst auslöst.Andere Personen fürchten sich, wenn sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer stehen, sie haben Angst sich peinlich zu verhalten oder sich gar vor anderen zu blamieren. Hier liegt gegebenenfalls eine soziale Phobie vor.Treten die Ängste vor allem bei dem Aufenthalt an Orten auf, wo eine rasche Hilfe, ein Entkommen nicht möglich ist (Fahrstuhl, große Menschenmengen, Kaufhäuser), so spricht man von Agoraphobie. Diese tritt häufig gemeinsam mit einer Panikstörung auf.

Menschen die von Phobien betroffen sind, versuchen die Angst auslösenden Situationen, Dinge oder Lebewesen möglichst zu vermeiden. Dieses Vermeidungsverhalten kann jedoch das gesellschaftliche Leben einer Person stark einschränken und fördert eher die Angst als ihre Bewältigung.

Generalisierte Angst

Angst kann, anders als bei Panikattacken oder Phobien, auch langsam entstehen und über viele Monate als andauernde Unruhe, quälende Angst, übermäßige Sorge über Ereignisse, die passieren könnten, vorhanden sein. Die Betroffenen der generalisierten Angststörung entwickeln in mehreren Lebensbereichen übermäßig viele Befürchtungen und Sorgen, obwohl diese der Anlass nicht verdient

Die Angst und Sorge, die die Betroffenen erleben, treten nicht in besonderen Situationen auf, sondern füllen den gesamten Alltag der Person aus. Deshalb spricht man von generalisierter (= allgemeiner) Angststörung. In Zusammenhang damit leiden die Betroffenen häufig unter Schlafstörungen, Magenbeschwerden, Schwindelgefühlen oder Hitzewallungen. Außerdem berichten betroffene Personen häufig von einer ständigen Unruhe und massiver körperlicher Anspannung sowie einer extrem schnellen Reizbarkeit.

Angststörungen haben viele Gründe

Zahlreiche Faktoren können zur Entstehung einer Angststörung beitragen.

In manchen Fällen liegt der Angststörung eine körperlich bedingte oder gelernte Neigung zugrunde, ängstlich zu reagieren. Manchmal entsteht Angst auch als Folge auf ein besonders belastendes Lebensereignis. Aber auch lang andauernde alltägliche Belastungen, die den Körper in ständiger starker Anspannung halten, können Auslöser für eine Angststörung sein. Angststörungen können auch durch den Umstand ausgelöst werden, dass man bestimmte Verhaltensweisen nie richtig gelernt hat, wie zum Beispiel sich durchzusetzen, "nein" zu sagen oder vor anderen Menschen zu sprechen. Sehr häufig wirken mehrere der hier genannten Faktoren zusammen und führen somit zum Ausbruch einer Angststörung.

Entscheidend dafür, ob Angst zur Krankheit wird, liegt in der Art und Weise wie man versucht, mit ihr umzugehen. Angst wird immer dann zum Problem, wenn daraus ein Teufelskreis aus Erwartungsangst, Katastrophendenken, Befürchtungen und Vermeidungsverhalten entsteht.

Angststörungen kann man erfolgreich behandeln

Als erstes musste ich lernen meine Angst zu besiegen, nachdem ich eingesehen hatte, wie sehr sie mich lähmte. Angst macht hilflos und das erzeugt wiederum Angst.

Byron Janis

Unbehandelt neigen Ängste dazu, sich netzartig auszuweiten, chronisch zu verlaufen und mit starken Beeinträchtigungen in der Alltagsbewältigung einherzugehen. Die Angst bestimmt zunehmend mehr den Alltag der Personen. Die Betroffenen ziehen sich zurück, vermeiden unangenehme Situationen, trauen sich immer weniger zu. Nicht selten leiden die Personen unter zunehmenden depressiven Verstimmungen, sozialer Isolation, Abhängigkeitserkrankungen und ungelösten Familienkonflikten.

Die in unserer Einrichtung durchgeführte Verhaltenstherapie bietet sehr gute Möglichkeiten bestehende Angststörungen erfolgreich zu behandeln.

Der erste Schritt im Rahmen einer Therapie liegt dabei zunächst in der genauen Analyse der Angsterkrankung und ihrer Verursachung. Gemeinsam mit ihrem Therapeuten wird in den Folgesitzungen ein individuell auf sie abgestimmter Behandlungsplan erarbeitet, der ihnen hilft, die Angsterkrankung zu verstehen und zu überwinden.

Zentrales Thema stellt hierbei der "Teufelkreis der Angst" dar. In Gesprächen wird erarbeitet, welche Bedingungen die Angststörung aufrechterhalten und welche Möglichkeiten bestehen, diesen Teufelskreis in der Therapie zu durchbrechen.

Spezielle Verhaltensübungen, die in der Regel zunächst gemeinsam mit dem Therapeuten durchgeführt werden, ermöglichen es den Betroffenen, die Angst auslösende Situation auszuhalten und neue Erlebens- und Verhaltensweisen einzuüben und zu erproben. Bei all diesen intensiven Übungen wird ihnen ihr Therapeut unterstützend zu Seite stehen.